09.05.2023

Warum es eine neue Feedbackkultur braucht

Generation Z: Wie junge Arbeitnehmende heute ticken

Viele schimpfen über die Generation Z: Junge Menschen der Geburtsjahrgänge 1995 bis 2010 seien nicht bereit anzupacken und hätten gleichzeitig zu hohe Ansprüche. Wie die junge Generation wirklich tickt, welche Veränderungen sie sich wünscht und was Arbeitgebende erfüllen müssen, um junge Talente langfristig zu binden, erzählt der Generation-Z-Experte Felix Behm im Interview.

Gibt es Vorurteile gegenüber der Generation Z, die Sie nicht mehr hören können?

Felix Behm: Ich höre häufig, dass die Generation Z freizeitorientiert, demotiviert und unqualifiziert sei. Das ist etwas, was ich nicht mehr hören kann, weil es einfach nicht stimmt. In meinem Podcast kommen sehr viele junge Menschen zu Wort, und die belegen genau das Gegenteil.

Die Generation Z ist sehr fordernd und spricht Dinge aus, die zwar auch frühere Generationen gedacht haben – sich aber nie getraut hätten, das zu sagen. Das können sie, weil sie im Vergleich so wenige sind, und das stößt einigen der älteren Generationen bitter auf. Denn für die Älteren galt noch eher der Leitsatz: „Sei froh, dass du überhaupt einen Job hast.“ Das ist jetzt anders, hat aber nichts damit zu tun, dass die Jungen vermeintlich unqualifiziert oder unmotiviert sind.

Felix Behm: Keynotespeaker der New Work Generations

Welche Möglichkeiten haben Arbeitgebende, um der Generation Z attraktive Angebote zu machen und junge Mitarbeitende langfristig im Unternehmen zu halten?

Felix Behm: Ich fasse es mal in drei Worten zusammen: Sinn mit Perspektiven. Klar, es ist möglich, bei jeder Arbeit zu glauben: „Ja, die ergibt irgendwie Sinn“ — das ist aber nicht mehr ausreichend. Sinnhaftigkeit bedeutet heute auch: Setzt sich dieses Unternehmen zum Beispiel mit Nachhaltigkeit oder dem Klimawandel auseinander? Das sind doch die Themen, die heute eine Generation Z prägen. Fast jede*r Vierte würde nicht in einem Unternehmen arbeiten, das sich nicht mit Nachhaltigkeit beschäftigt. Darüber hinaus ist es aber auch wichtig, dass die Mitarbeitenden sich wirklich als Teil des Unternehmens fühlen und nicht nur als Nummer — dann erkennen sie auch ihre Perspektive. Dabei helfen Strukturen, die es den Mitarbeitenden erlauben, sich selbst aktiv einzubringen und den Arbeitsprozess mitzugestalten.

Welche Aspekte der Feedbackkultur müssen sich verändern, damit sich Digital Natives im Job wohler fühlen?

Felix Behm: Das Erschreckende ist, dass es in vielen Unternehmen gar keine Feedbackkultur gibt. Umso wichtiger ist es, einmal zu schauen, wie die Lebensrealität der Generation Z aussieht: Viele sind sechs bis acht Stunden pro Tag am Smartphone und in den sozialen Netzwerken unterwegs. Da bekommt man ständig Feedback in Form von Likes. Und ein Like reicht da nicht aus. Nein, zehn Likes, 50 Likes, das ist das Feedback, nach dem viele suchen. Und wenn ich in der Arbeitswelt nur alle zwei Jahre mal ein gutes Wort von meinem Arbeitgeber bekomme, dann ist das für viele Z-ler einfach nicht gut genug. Mein Rat ist daher: Regelmäßige Entwicklungsgespräche müssen drin sein. Es kostet nicht viel, pro Woche ein fünfminütiges Feedback-Gespräch zu führen. Und die zweite Aufgabe ist dann, dieses Gespräch richtig anzugehen: Kritik muss so verpackt werden, dass sie angenommen wird, und an Lob darf es auch nicht fehlen.

Wie wird sich die Arbeitswelt in Zukunft verändern, wenn die Generation Z die Führungsposten der Vorgängergeneration übernimmt?

Felix Behm: Ein gute Aussicht bekommen wir mit Blick auf viele Startups. Junge Unternehmen probieren schon heute viele Dinge aus. Manche Ideen funktionieren besser, manche weniger. Einige Unternehmen verzichten zum Beispiel auf eine feste Führungsposition: Hier darf jede*r mal Chef oder Chefin sein. Klingt wie eine verrückte Idee — hat aber auch schon funktioniert. Letztendlich wird sich aber vor allem eine Tendenz durchsetzen: die Abschaffung unnötiger Hierarchieebenen. Ich habe vor Kurzem mit einem Unternehmer gesprochen, dessen Firma LKW herstellt. Wenn in der Werkstatt ein Schraubenschlüssel bestellt werden muss, dann füllen da fünf Mitarbeitende aus fünf Hierarchieebenen nacheinander ein Formular aus. Dadurch dauert es drei Monate, bis der Schraubenschlüssel ankommt. Solche Unternehmen wird es in Zukunft kaum noch geben, da die junge Generation eigenverantwortlich arbeiten möchte und dies auch vehement einfordert.

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