27.03.2023

Vom New Work-Reflex zur gezielten Transformation

Speaker der Fachmesse New Work Evolution über Chancen, Herausforderungen und Best Practice-Beispiele

New Work ist Trend – reflexartig proklamieren Unternehmen die neue Arbeitskultur für sich. Körperliche Reflexe, also schnelle und nicht bewusst entschiedene Reaktionen sollen Lebewesen vor Schaden bewahren. Reflexartige Entscheidungen rund um New Work hingegen können die Performance untergraben, beispielsweise wenn Mitarbeitende nicht in den Transformationsprozess einbezogen werden oder New Work-Modelle kopiert werden, ohne zu analysieren, ob diese für die eigene Branche, Belegschaft und Struktur sinnvoll sind. Auf der New Work Evolution, der neuen Fachmesse für moderne Arbeitswelten, die vom 23. bis zum 25. Mai 2023 erstmals in der Messe Karlsruhe stattfindet, beleuchten zwölf Expertinnen und Experten in einem umfassenden Vortragsprogramm den Megatrend New Work und erläutern in zahlreichen Praxisbeispielen, was Unternehmen beachten sollten, die sich auf den Weg Richtung New Work machen. Wir stellen Ihnen vier Speaker und ihre Sichtweise auf die neue Arbeitskultur vor.

New Work Evolution als Sonderschau der Learntec 2022

Auslöser für den „New Work Reflex“ sind vielfältig: Manchmal ist es die schwindende Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens durch schwerfällige Entscheidungswege und Hierarchien, manchmal der Wunsch, auf dem umkämpften Fachkräftemarkt zu punkten, manchmal auch die wachsende Unzufriedenheit und „quiet quitting“ (1) der Mitarbeitenden. „92,9 bis 115,1 Milliarden Euro. So hoch war 2021 der volkswirtschaftliche Schaden, der entstanden ist, weil Mitarbeitende und Führungskräfte nicht engagiert waren,“ heißt es im „NewWorkPlaybook – eine Anleitung zur individuellen Unternehmenstransformation“ (Dämon/ Eversloh/ Sauberschwarz/ Weiß, Vahlsen 2021). Dessen Mitautorin und Initiatorin Saskia Eversloh ist Beraterin für strategische Kommunikation und Mitarbeitendenbeteiligung. Sie sagt: „Vergleichbar mit dem sogenannten Green Washing beim Thema Nachhaltigkeit sollten Unternehmen ein Social Washing zur Nachwuchsrekrutierung vermeiden.“ Es ginge nicht darum, für das Employer Branding eine schöne New Work-Bubble aus dem Hut zu zaubern. Wichtig seien stattdessen eine gute interne Kommunikation und profunde Analyse, was Mitarbeitende wie Führungskräfte wirklich brauchen, um zufriedener, agiler und damit produktiver zu arbeiten und Mitarbeitende nicht nur zu gewinnen, sondern auch zu binden.

Saskia Eversloh

Doch was genau ist diese neue Arbeitskultur eigentlich? Geht es nach Frithjof Bergmann, der als Gründer der New Work-Bewegung in den 1980er Jahren gilt, braucht es sinnstiftendes Arbeiten, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Beim „Agilen Manifest“ hingegen, woraus etwa Scrum entstanden ist, stehen Effizienz, Kundenzentrierung und unmittelbare Reaktionen auf Marktveränderungen im Mittelpunkt. „Hier liegen Mitarbeitende und Management manchmal weit auseinander. Dabei sind Sinnstiftung und Effizienz keine Widersprüche: Wenn Mitarbeitende wissen, wofür sie sich einsetzen sollen und ihre Potenziale gefördert werden, zahlt das nachweislich auf ihre Leistung und ihr Engagement und damit auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens ein,“ so Saskia Eversloh.

Julia Schleidt

Doch dazu braucht es auf beiden Seiten den Willen, sich auf neue Arbeitsformen einzulassen, weiß Julia Schleidt, die Unternehmen auf dem Weg durch die digitale Transformation begleitet und auf der New Work Evolution die Rolle von Emotionen beim Change Prozess vorstellt: „Zunächst muss eine Führungskraft eine Teamkultur schaffen, die von Vertrauen und Respekt geprägt ist und in der jeder und jede Ideen oder Bedenken offen äußern kann. Und man muss bereit sein, Verantwortung abzugeben und die eigenen Glaubenssätze immer wieder zu hinterfragen: Wer bin ich als Führungskraft, wenn nicht mehr ich final entscheide, nicht mehr ich der/die Experte/Expertin bin?“ Auf Mitarbeiterseite brauche es Offenheit für Veränderung und Mut, die eigene Wünsche, Ideen und Bedürfnisse auch zu kommunizieren.

Felix Behm

Gen Z als Motor für neues Arbeiten: „digital, ungeduldig hinterfragend“

Ein positiver Nebeneffekt von drei Jahren Pandemie: Home Office, flexiblere Arbeitszeiten, neue Formen der digitalen Zusammenarbeit, in vielen Unternehmen lange Zeit kritisch beäugt, wurden plötzlich zum Muss. Der befürchtete Leistungseinbruch ist nicht eingetreten, so eine Umfrage des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation. (2) Diese Entwicklung im Eiltempo hat dazu geführt, dass „zeitlich und örtlich flexibles Arbeiten selbstverständlich geworden sind und längst zu den Hygienefaktoren gehören,“ so Eversloh.

Neben der Pandemie waren und sind es gerade junge Menschen der Generation Z, zwischen 1995 und 2009 geboren, die einen Wandel in der Unternehmenskultur befeuern – und der aktuelle Fachkräftemangel hilft ihnen dabei. Felix Behm ist Generation Z-Experte und fasst zusammen: „Die Gen Z ist digital, ungeduldig, hinterfragend. Und sie spricht aus, was viele bereits denken. Der große Unterschied zu anderen Generationen: Z verlässt schnell wieder Arbeitgeber, bei denen ihre Anforderungen und Wünsche nicht beantwortet werden.“ Das sorge dafür, dass zunehmend Führungsstrukturen und Unternehmensstrategien hinterfragt und modernisiert werden. Behm nennt ein Beispiel: „Brauchen wir komplizierte Abläufe beim betrieblichen Vorschlagswesen?“ Wenn sich Mitarbeitende einbringen wollten und dann drei Monate auf eine Antwort der Geschäftsführung warten müssten, sei das schwer nachvollziehbar, denn: „Wenn ich meinem Lieblingsinfluencer mit zwei Millionen Followern eine Direct Message mit meinen Wünschen oder Feedback über Instagram schicke, bekomme ich doch auch sofort eine Rückmeldung?!“ Work-Life-Balance, Wertschätzung, Unternehmenskultur, Sinnhaftigkeit der Arbeit sind entscheidende Faktoren für diese Generation. (3)

New Work: Alle Mitarbeitenden mit an Bord holen

Werden Mitarbeitende nicht in einen Change Prozess eingebunden, kann das diesen im schlimmsten Fall zum Scheitern verurteilen. Deshalb sollten Unternehmen zuallererst die Bedürfnisse des Managements und der Mitarbeitenden erfragen, um zufrieden und effizient führen bzw. arbeiten zu können. Firmen müssten herausfinden, „wo sich Pain Points zeigen oder gar eine Kluft zwischen Unternehmenszielen und Mitarbeitenden besteht,“ so Saskia Eversloh – und dann jeden New Work Hype vermeiden. „Es gibt keine New Work Standardlösung. Zeit für die Entwicklung individueller Maßnahmen und Pilotprojekte ist deshalb gut investiert.“

Durch Transparenz und eine offene interne Kommunikation lassen sich auch Ängste der Mitarbeitenden vermeiden oder zumindest mildern. „Gerade wenn bei einer Transformation von Automatisierung und Digitalisierung die Rede ist, haben Mitarbeitende häufig Angst, ihren Job zu verlieren,“ erläutert Julia Schleidt. „Um weiterhin arbeitsfähig zu sein und kreativ den Job zu bewältigen ist es wichtig, Angst zu erkennen und zu regulieren. Ansonsten blockiert sie nicht nur die Gesundheit der Mitarbeitenden, sondern auch die Arbeitsleistung.“

Stephen Kunstmann

Stephen Kunstmann begleitet als Principal Transformation Consultant der AppSphere AG Unternehmen auf dem Weg zu neuen Arbeitswelten. Sein Credo ist, Mensch und Technik zusammenbringen – und das setzt er in den Transformationsprojekten seiner Kunden um. „Unsere Unterstützung basiert auf den drei Bausteinen Mindset, Skillset und Toolset. Diese drei Elemente müssen wir in Einklang zu bringen,“ so Kunstmann. „Dabei denken wir stets ausgehend vom Menschen, denn hier beginnt die Veränderung, und das müssen Organisationen und Führungskräfte lernen. Die Technik ist lediglich ein Vehikel, um die Transformation zu vereinfachen und zu unterstützen – der Schlüssel zum Erfolg sind jedoch die Menschen, die Kultur und die Prozesse in einer Organisation." Auch hier gilt: Analyse und individuelle Lösungen stechen Hype und Aktionismus.

Pflege, Stadtreinigung & Co.: Neues Arbeiten funktioniert überall

Wer New Work rein über schicke Großraumbüros, Home Office, Workation und flexible Arbeitszeiten definiert, wird sich schwer damit tun, dieses Modell als Chance für Branchen außerhalb des Büros anzunehmen. Wer sinnstiftendes Arbeiten und die Potenzialentfaltung der Mitarbeitenden als Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg in den Fokus stellt, dem eröffnen sich über alle Branchen hinweg Möglichkeiten, New Work umzusetzen. So stellt das „NewWorkPlaybook“ bewusst neben den großen Vorreitern in Digitalisierung und Transformation Best Practices aus verschiedenen Sparten vor. Saskia Eversloh nennt als Beispiel die Berliner Stadtreinigung. „Wochenendarbeit und Großevents wie der Christopher Street Day oder der Tag der Deutschen Einheit am Brandenburger Tor waren für die Mitarbeitenden die größten Pain Points. Dank eines Partizipationsprozesses innerhalb der Belegschaft konnte die Einsatzplanung neu und familienfreundlicher gestaltet werden.“ Die Folge: Binnen eines Jahres stieg die Mitarbeitendenzufriedenheit durch diese eine Stellschraube um elf Prozent. Die RoMed-Kliniken konnten durch hierarchieübergreifende interdisziplinäre Arbeitsgruppen innerhalb eines Jahres ebenfalls etliche solcher Schmerzpunkte identifizieren und lösen. „Die gesamte Belegschaft konnte einbringen, was Qualität in Pflege und Medizin bedeutet – ein Novum in originär hierarchisch organisierten Berufsständen und öffentlicher Verwaltung.“

Und wenn die Transformation auf den Weg gebracht ist? Dann gilt es die Gefahr zu bannen, wieder in alte Denk- und Verhaltensmuster zurückzufallen – beispielsweise durch eine offene belegschaftsübergreifende Retrospektive: „Lernen heißt reflektieren. Fortschritte und Benefits sollten auch im fortgeschrittenen Prozess immer wieder kommuniziert werden, ebenso Verbesserungsvorschläge. Eine neue Arbeitskultur zu etablieren bedeutet auch, sich Zeit für die Reflexion zu nehmen und daraus Maßnahmen abzuleiten,“ so Julia Schleidt abschließend.

Über die New Work Evolution

Vom 23. bis 25. Mai 2023 findet New Work Evolution als eigenes Event parallel zur LEARNTEC, Europas größter Veranstaltung für digitales Lernen in Schule, Hochschule und Beruf, in der Messe Karlsruhe statt. Bis zu 30 Ausstellende aus dem Themenbereich New Work zeigen den Fachbesuchenden ihre Produkte und Dienstleistungen für innovative Arbeitswelten und moderne Unternehmenskultur. Begleitet wird die Fachmesse von einem spannenden Vortragsprogramm. Die Messe richtet sich unter anderem an Entscheidungsträger aus Unternehmen wie Geschäftsführende, HR-Manager, Facility und Infrastructure Manager, IT-Manager sowie Planerinnen und Planer wie auch Beraterinnen und Berater. Gleichzeitig bietet die New Work Evolution für die Ausstellenden eine ideale Plattform, um Produkte und Dienstleistungen aus dem Bereich New Work einem interessierten Fachpublikum zu präsentieren. Mehr Infos unter www.newworkevolution.de

Die zitierten Speaker und ihre Vorträge auf der New Work Evolution im Überblick:

Saskia Eversloh ist Kommunikations- und Wirtschaftswissenschafterin. Als Expertin für strategische Kommunikation und Mitarbeitendenbeteiligung berät sie Unternehmen bei Transformationsvorhaben und ist Autorin des „New Work Knigge“ und Mitautorin des „NewWorkPlaybook“.

23. Mai, 13 Uhr und 24. Mai, 16 Uhr (Main Stage)

Julia Schleidt ist Wirtschaftsingenieurin und Inhaberin des Unternehmens Julia Schleidt | Digital Leadership Coaching. Sie berät Führungskräfte, KMUs, Einzelpersonen und Teams auf dem Weg in die digitale Zukunft.

23. Mai, 12.15 Uhr, (Konferenz 6/7) und 25. Mai, 13 Uhr (Main Stage)

Felix Behm beschäftig sich seit über zehn Jahren mit der Generation Z und ihren Bedürfnissen. Als ehemaliger Personaler in Führungsfunktion teilt er seine Expertise mit Unternehmen sowie als Keynote Speaker und Buchautor.

23. Mai, 10 Uhr (Main Stage)

Stephen Kunstmanns Credo ist, „Mensch und Technik zusammen zu bringen“. Als Principal Consultant bei der AppSphere AG widmet er sich Themen wie Change-Management, Organisations-Entwicklung, IT-Trainings und Coaching.

23. Mai, 11 Uhr, 24. Mai, 11 Uhr und 25. Mai, 14,30 Uhr (Main Stage)

Das vollständige Programm findet sich unter https://www.newworkevolution.de/de/programm/

(1) https://www.gallup.com/workplace/403598/need-answer-quiet-quitting-start-culture.aspx (Abruf 03/23)

(2) https://www.iao.fraunhofer.de/content/dam/iao/images/iao-news/arbeiten-in-der-corona-pandemie-folgeergebnisse-leistungen-produktivitaet.pdf (Abruf 03/23)

(3) The Deloitte Global 2022 Gen Z and Millennial Survey.

Ihre Ansprechpartnerin

Portrait Tanja Stopper
Presse
Tanja Stopper
PR Manager
T: +49 (0) 721 3720 2301
F: +49 (0) 721 3720 99 2301