24.04.2023

„Mehr New Work = weniger Change-Projekte“

Wie muss ein Unternehmen ticken, um New Work erfolgreich umzusetzen? Welche Bedenken gibt es, welche Benefits? Unternehmensberater, Autor und Dozent Lysander Weiß ist Keynote-Speaker zu „New Work Culture“ und hat uns vorab einige Fragen beantwortet.

NWE: In welcher Weise hängen Unternehmenskultur und New Work miteinander zusammen?

Lysander Weiß: Die Kultur beinhaltet alle Aspekte, die das Arbeitsumfeld im Unternehmen aktuell ausmachen. New Work wiederum beschäftigt sich mit der Frage: Welche Veränderungen vollziehen sich gerade in der Arbeitswelt und was davon will ich als Unternehmen nutzen? Das hat dann vielleicht wieder Einfluss auf meine Kultur. Man kann also sagen, dass die Unternehmenskultur möglicherweise durch New Work verändert wird. Wobei die Unternehmenskultur natürlich nur ein Teilaspekt des sich verändernden Arbeitsumfelds ist.

NWE: Was bedeutet das ganz praktisch für die Einführung von New Work?

Lysander Weiß: Die Ausgangsfrage von meinen Co-Autor*innen und mir im NewWorkPlaybook lautet: Wie kann ich ein optimales Arbeitsumfeld schaffen? Wir wissen: Ein optimales Arbeitsumfeld sorgt dafür, dass möglichst zufriedene Mitarbeitende möglichst gut ihr Potenzial entfalten können, wodurch das Unternehmen die bestmögliche Produktivität erhält – also eine echte Win-win-Situation. Sie lässt sich am besten erreichen, indem ich zunächst schaue, wo das Unternehmen aktuell im Hinblick auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden steht. Wir haben auf der Basis von Forschungsergebnissen sieben Dimensionen definiert, die dabei als Hilfestellung dienen – beispielsweise die Führungskultur, die Zusammenarbeit mit anderen, die eigene Arbeitsgestaltung. In jeder Dimension haben wir Fragen entwickelt, mit deren Hilfe ich einen Soll-Ist-Abgleich durchführen und definieren kann: Wie viel New Work brauchen wir eigentlich wirklich? So kann man mögliche Handlungslücken sehr gut erkennen und weiß ganz konkret, an welchen Stellschrauben man drehen muss, um die Zufriedenheit und damit auch die Produktivität der Mitarbeitenden zu erhöhen.

Durch die Dimensionen lassen sich in der Analyse Handlungslücken identifizeieren, (Quelle: NewWorkPlaybook)

NWE: Gibt es oft Bedenken seitens des Managements vor einem solchen Schritt?

Lysander Weiß: Das Gute ist, dass sowohl das „Soll“ als auch das „Ist“ individuell bestimmt werden. Wir geben ja nicht vor, wie das optimale Umfeld auszusehen hat. Dass die Gegebenheiten in einem Unternehmen und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden sich in allen Dimensionen komplett unterscheiden, kommt kaum vor. Dennoch muss das Management natürlich grundsätzlich offen sein für einen solchen Prozess – oder es wird beispielsweise durch Fachkräftemangel dazu gezwungen, sich ihm zu öffnen.

NWE: Welchen gängigen Mythen hinsichtlich New Work begegnen Ihnen in der Praxis immer wieder?

Lysander Weiß: Ein Mythos lautet, dass man sich einmalig zu New Work transformieren kann und der Prozess damit abgeschlossen ist. Wenn man New Work aber so definiert, wie wir es tun, dann ist es nicht mit einer Veränderung getan. Die Dinge müssen immer wieder überprüft und angepasst werden. Das impliziert natürlich bei vielen die Befürchtung: Wenn ich einmal damit anfange, nimmt es kein Ende. Das können wir aber schnell entkräften, denn es sind ja immer sehr spezifische Punkte, an denen man konkret arbeiten kann, um dann in einen kontinuierlichen Optimierungsprozess zu kommen, der gar nicht immer einen riesigen Change-Prozess anstößt. So ein Change ist ja meist genau dann nötig, wenn man sich lange nicht verändert hat. Eine kontinuierliche Erneuerung des Arbeitsumfeldes ist also auch in der Hinsicht von Vorteil.

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