09.01.2025

„Firmen, die Vielfalt leben, sind Studien zufolge kreativer, resilienter, erfolgreicher“

Interview: Yvonne Weiß erläutert, warum es einen Wandel in der Unternehmenskultur braucht, mehr Vielfalt, Gleichheit und Inklusion (d, e, & i) – und einen Chief Culture Officer

Das Ende des Arbeitgebermarktes hat die Weichen gestellt, dass Themen wie Vielfalt, Inklusion und Gleichbehandlung klassische Hygienefaktoren wie Gehalt, Sicherheit des Arbeitsplatzes oder Führung ergänzen oder sogar übertrumpfen. Eine Studie der IU Internationalen Hochschule unter 1.200 Befragten nach Top-Kriterien, nach denen sie ihren zukünftigen Arbeitsplatz auswählen, belegt diesen Wandel: Meistgenannt waren Chancengleichheit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Offenheit und Akzeptanz unterschiedlicher Charaktere und Persönlichkeiten sowie Sinnhaftigkeit der Arbeit. Die Fachmesse NEW WORK EVOLUTION nimmst sich vom 6. bis zum 8. Mai 2025 in Karlsruhe unter anderen dem Thema d, e & i und der Unternehmenskultur an – einen ersten Vorgeschmack gibt das Online-Format xChange mit einem New Work Slot am 30. Januar. Wir haben mit xChange Speakerin Yvonne Weiß gesprochen, seit einem Jahr Chief Culture Officer bei der Funke Medien Gruppe.

Yvonne Weiß

Ein Jahr Chief Culture Officer bei Funke: Was waren Ihre To do’s in den ersten Wochen?

Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation. Etwas Neues bedarf vieler Worte – und dann bedarf es aber auch gleich Taten. Sofort ins Tun kommen wäre meine Empfehlung. Neben der Entwicklung eines kulturellen Leitbildes habe ich innerhalb der ersten vier Wochen eine Maßnahme ausgearbeitet und vorgeschlagen, die wir zügig implementieren konnten, die Familienstartzeit, also die zehntägige bezahlte Freistellung bei der Geburt eines Kindes. Ich wollte zum Auftakt etwas für Männer anbieten, damit es nicht gleich wieder heißt, es ginge hier nur um Frauenförderung. Das tut es nicht - und übrigens nie: Frauen müssen nicht gefördert werden, es reicht vollkommen, ihnen keine Steine in den Weg zu legen. Den Weg schaffen wir dann schon alleine. Aber noch mal zurück zu den Papas, und warum es wichtig ist, sich um die zu kümmern: Das Europäisches Zentrum für Wirtschaftsforschung und Strategieberatung hat 2024 veröffentlicht, dass 450.000 Väter in Deutschland wegen fehlender Vereinbarkeit schon einmal den Arbeitgeber gewechselt haben, 770.000 denken aktuell darüber nach. Das sind gigantische Fluktuationskosten, mal ganz abgesehen davon, dass man einen guten Kollegen verliert. Es wäre also sehr vorausschauend, sich um Eltern zu kümmern.

Gleichberechtigung, Inklusion, Diversität, Chancengleichheit unabhängig von der Herkunft – in Sachen Culture gibt es in Unternehmen zahllose Baustellen. Woran hakt es Ihrer Erfahrung nach am meisten bzw. was bremst einen Kulturwandel aus?

Dass a) viele noch nicht akzeptiert haben, dass Deutschland längst ein Einwanderungsland ist und b) sich die Arbeitgeber künftig bei den Arbeitnehmern bewerben müssen anstatt wie bisher umgekehrt. Sieht sich niemand den demografischen Wandel an?

Zahlt sich eine Investition in eine diverse Unternehmenskultur auch wirtschaftlich aus?

Sehr. Firmen, die Vielfalt leben, sind Studien zufolge kreativer, resilienter und im Endeffekt erfolgreicher. Das ist im Grunde die Antwort, wenn ein Mitarbeitender – ja fast nachvollziehbar - fragt: Was habe ich davon, als weißer, gesunder, gut ausgebildeter Mensch für mehr Gerechtigkeit für weniger Privilegierte einzutreten? Was interessiert mich der Fairnessansatz? Warum betrifft mich das als Nicht-Minderheiten-Gruppe? Weil es eben um den Erfolg der Firma geht. Mission for Ego. Verbessern wir die Rahmenbedingungen, können alle viel mehr Potential einbringen und haben so eindeutig Wettbewerbsvorteile. Wir heben unser Innovationspotential und unsere Produktivität. Außerdem ist ohne Kultur alles nichts. Wir kennen Peter Druckers Spruch: “Culture Eats Strategie for breakfast.“ Deine Strategie kann noch so gut sein, wenn sie nicht auf eine offene, zur Veränderung bereite Kultur trifft, wird sie scheitern. Eine positive Unternehmens-Kultur ist also ein elementarer Treiber von Change Prozessen, sie kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden für den Erfolg eines Unternehmens.

Grob skizziert: Welche Schritte müssen Unternehmen tun, um einen entsprechenden Transformationsprozess zu starten?

Schritt 1: Es wollen. Schritt 2: Es tun. Ganz ehrlich, es ist keine Raketenwissenschaft, für alle die besten Bedingungen zu kreieren. Eine Minderheit zu empowern, bedeutet nicht weniger Macht für die Mehrheit. Das ist nur immer die Angst, die dahintersteht. Diversität definieren wir als positiven Gegenentwurf zu Ausgrenzung und Ungleichbehandung, es geht darum, dass alle die gleichen Chancen bekommen und wir Perspektiven in unser Haus holen, die uns derzeit noch fehlen. Die brauchen wir nicht nur, um die gesellschaftliche Realität abzubilden, sondern auch um neue Zielgruppen zu erschließen.

Gab es Erfahrungen, die Sie ganz persönlich geprägt haben, sich dem Thema Cultural Change zu widmen?

Ja, ein paar. Aber ich wäre auch ohne sie davon überzeugt, dass ein fairer Arbeitsalltag und ein gesundes Betriebsklima das Ziel und die Verantwortung eines jeden Arbeitsgebers sein müssten.

Vielen Dank für das Gespräch.

INFO:

Yvonne Weiß referiert im Rahmen des Online-Events xChange über die Rolle des Chief Culture Officers. Kostenfreie Tickets für die xChange sowie das vollständige Programm findest Du HIER.

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