06.08.2025

„Das Teilzeit-Image muss sich ändern“

Interview-Serie People&Culture bei der Messe Karlsruhe – Väter in Teilzeit

Vereinbarkeit ist in der New Work Bubble ein großes Thema. In der Realität heißt Vereinbarkeit aber oft, dass ein Partner für die Care-Arbeit die Arbeitszeit reduziert – und das ist zumeist die Mutter. Einer, der als Vater seine Wochenarbeitszeit stark reduziert hat, ist unser Kollege aus der Personalabteilung, HR Manager Marc-Oliver Dopf. Seit vier Jahren gehören seine Nachmittage seinen beiden Kindern im Alter von 10 und 13 Jahren. Das NEW WORK EVOLUTION-Team hat den 48-jährigen zu seinen Gründen befragt, zu reduzieren, wie sich das Modell auf seinen Alltag auswirkt – und was sich tun müsste, dass mehr Väter bereit sind, einen solchen Schritt zu gehen, sei es aus Gründen der Work-Life Balance, für geteilte Care-Arbeit oder zugunsten der Karriere der Partnerin.

Portrait Marc-Oliver Dopf

Marc-Oliver, Du arbeitest in Teilzeit mit einem Umfang von 70 Prozent in der Personalabteilung der Messe Karlsruhe. Für Männer in der heutigen Zeit noch eher ungewöhnlich – wie kam es dazu?

Ich habe 2008 zunächst im Ausstellerservice bei der Messe Karlsruhe angefangen und habe mich dann über die Stationen Bereichsleitungsassistenz und Teamleitung zur Abteilungsleitung Ausstellerservice entwickelt. Nach der Trennung von meiner Frau wollte ich unbedingt meine Kinder zu 50 Prozent betreuen. Ein Modell, bei dem ich meine Kinder nur am Wochenende sehe, wäre für mich nicht infrage gekommen. Deshalb habe ich meine Arbeitszeit reduziert, meine Führungsposition aufgegeben und bin in die Personalabteilung gewechselt.

Warum hast Du Dich gegen eine Führung in Teilzeit entschieden? Bei der Messe Karlsruhe arbeiten durchaus auch Teilzeitführungskräfte.

Gerade in der Veranstaltungsbranche, wenn ein Event kurz bevorsteht oder gerade am Laufen ist, wollte ich nicht sagen, dass ich Feierabend habe, wenn die Hütte brennt oder wir mit Kunden dringende Fragen klären möchten. Der Klassiker: Ich hole meine kleine Tochter ab und genau in dieser Zeit ruft ein Servicepartner/Aussteller/Kollege wegen eines dringenden Problems an. Ich wollte Planbarkeit und dass der Feierabend meinen Kindern gehört.

Ständig erreichbar zu sein, ist natürlich kein genereller Anspruch an eine Führungskraft in unserem Hause, das war eher mein eigenes Verständnis meiner Position.

Es ist aber auch ein Unterschied, ob du alleinerziehend bist oder nicht. In einer Beziehung kannst du vieles mit deinem Partner absprechen und die Kinderbetreuung aufteilen. Alleinerziehend hast du diese Möglichkeit nicht oder brauchst ein entsprechendes Netzwerk mit Freunden und Familie.

Marc-Oliver mit seinen beiden Kindern.

War es die richtige Entscheidung?

Definitiv. Natürlich klingt es zunächst nach einem Karriererückschritt vom Abteilungsleiter zum Sachbearbeiter. Aber das ist ein ganz anderes Leben im Verwaltungs- und Personalbereich. Unabhängig von Veranstaltungen zu sein bedeutet geregeltere Arbeitszeiten. Und für mich war es auch spannend, mal eine komplett andere Aufgabe wahrzunehmen.

Man muss aber auch ehrlich sein: Teilzeit bedeutet weniger Verdienst. In meinem Fall war das eben – pathetisch gesprochen – eine Investition in meine Kinder, die ich gerne gemacht habe. Eine ganz bewusste Entscheidung. Dann gibt es halt weniger Geschenke zu Weihnachten, aber dafür mehr Zeit mit dem Papa.

Wenn meine Kinder mir erzählen, dass andere ihre Väter erst spät abends sehen und ich zuhause bin, wenn sie von der Schule kommen, dann ist das eine schöne Bestätigung. Natürlich bist du auch im Home Office körperlich zuhause, aber eben nicht für die Kinder präsent. Die Kinder haben bei mir schnell gemerkt: Da sitzt jetzt nicht einer im Homeoffice, der mir nur mit halbem Ohr zuhört, sondern einer, der wirklich da ist für mich.

Was sind die Schattenseiten?

Du hast vielleicht um 12.30 Uhr Feierabend, aber das heißt nicht, dass du zuhause sitzt und auf der Couch die Füße hochlegst. Dann geht der Spaß erst so richtig los, wenn die Kinder von der Schule kommen. Im Prinzip ist das wie ein zweiter Job, nur eben nicht im Büro.

Wie sieht es bei der Messe Karlsruhe in Sachen Teilzeit aus?

Als HR Manager sehe ich, wie viele Teilzeitmodelle wir anbieten – da ist fast alles dabei, so dass die Mitarbeitenden die Möglichkeit haben, wirklich eine Work-Life Balance zu erreichen. Vieles ist möglich, man muss es nur mit den Teams und HR besprechen. Diese Flexibilität gibt es nicht überall.

Nun bist Du als Mann in Teilzeit noch in der Minderheit. Was müsste sich bei den Rahmenbedingungen ändern, damit mehr Männer diesen Schritt wagen?

Ich denke, da muss sich in erster Linie etwas in den Köpfen ändern – zum einen, auch als Mann zu sagen: Ich gehe diesen Schritt jetzt! Zum anderen muss sich das Image von Teilzeit ändern. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Teilzeit in der Gesellschaft nicht immer positiv behaftet ist. Unterschwellig herrscht da immer noch ein „Ach, der/die arbeitet ja nur Teilzeit“ vor.

Ich kenne beide Seiten aus eigener Erfahrung. Und in Teilzeit hast du einen vorgegebenen Zeitdruck, arbeitest schneller und effizienter. Denn du weißt: Du musst definitiv zu einem bestimmten Zeitpunkt, zum Beispiel um 12.30 Uhr, gehen, um die Kinder abzuholen, und ich möchte meine Aufgaben bis dahin erledigt haben. Gerade als Alleinerziehender kannst du nicht einfach mal spontan ohne vorherige Planung länger arbeiten, weil du nicht fertig geworden bist. Zuhause wartet kein Partner, der die Kinderbetreuung kurzfristig auffangen kann. In Sachen Teilzeit, insbesondere für Männer, braucht es Aufklärungsarbeit und Imagepflege.

Vielen Dank für das Gespräch.

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