24.05.2023

„Eine attraktive Arbeitsumgebung ist von einem „Nice to have“ zu einem „Must have“ geworden.“

Die promovierte Architektin Dewi Schönbeck widmet sich den Arbeitswelten der Zukunft und entwickelt mit ihrem Team maßgeschneiderte, hybride Bürokonzepte für Unternehmen.

Im Interview verrät sie, warum wir auch heute noch Büros brauchen, welchen Einfluss das Arbeitsumfeld auf die Produktivität hat und wie der ideale Workspace der Zukunft aussieht.

Benötigen wir noch Büros, wenn wir durch moderne Technologien ortsungebunden arbeiten können?

Absolut – insbesondere da, wo Kreativität und Innovation im Mittelpunkt stehen. Das haben mittlerweile die meisten Unternehmen über verschiedenste Branchen hinweg für sich erkannt. Auch die Studienlage zeigt: Mitarbeitende verlassen ihre Unternehmen schneller, wenn der Identifikationsort fehlt. Insofern brauchen wir das Büro, um Mitarbeitende sozial und kulturell zu binden. Gerade in Zeiten, wo es schwierig ist, Mitarbeitende zu finden, ist es wichtig, einen Ort zu schaffen, an dem Menschen gerne arbeiten und die Unternehmenskultur sichtbar wird. Des Weiteren ist die Produktivität ein Thema: In der Corona-Zeit hat man gemerkt, dass über die Zeit Geschwindigkeit und Innovationskraft verloren geht. Menschen müssen eben doch regelmäßig gemeinsam in einem Raum sein, um effizient miteinander zu kommunizieren und arbeiten zu können.

Welchen Einfluss kann das Arbeitsumfeld auf die Produktivität und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden haben?

Das Arbeitsumfeld ist dabei ein wichtiger Baustein. Es kann die Produktivität und Zufriedenheit erhöhen, aber eben auch negativ beeinflussen. Das Ziel muss sein, dass das Büro so ausgestattet ist, dass es die Arbeitsabläufe unterstützt und einen Mehrwert gegenüber dem Arbeiten von zu Hause oder dritten Orten bietet.

Gehalt, Standort, Aufgabenbereich — es gibt viele Faktoren, die die Zufriedenheit beeinflussen. Immer wichtiger wird auch das Thema „Cultural Fit“: Passen Mitarbeitende und Unternehmenskultur zusammen? Die Unternehmenskultur drückt sich auch über die Arbeitsumgebung aus. Ein langer Gang mit verschlossenen Türen spricht zum Beispiel nicht für eine offene und transparente Struktur. Gerade das wünschen sich aber heutzutage viele Menschen.

Hat sich der Stellenwert des Büros in den letzten Jahren verändert?

Viele Unternehmen erfinden sich in Bezug auf ihre Büros neu. Durch die Pandemie ist ein starker Veränderungsdruck entstanden und damit verbunden der Wunsch nach hybriden Arbeitsplatzmodellen. Deutlich wird, dass das Thema auf der Prioritätenliste von Unternehmen nach oben gerutscht ist: Mittlerweile interessieren sich nicht nur Facility Manager für die Räumlichkeiten. Es sind immer öfter die CEOs oder auch die HR-Abteilungen, die auf uns zu kommen. Viele Unternehmen fragen sich: Wie schaffe ich eine Arbeitsumgebung, damit meine Mitarbeitenden gerne wieder zurück ins Büro kommen? Eine attraktive Arbeitsumgebung ist von einem „Nice to have“ zu einem „Must have“ geworden.

Wie sieht das ideale Büro der Zukunft aus?

Schöner und produktiver. Das Büro der Zukunft wird an die gehobeneren Ansprüche von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden angepasst sein: ein sehr leistungsfähiger, multimodaler Ort, bei dem die Ergonomie immer mitgedacht wird und der Wechsel zwischen unterschiedlichen Arbeitsmodi effizient durchgeführt werden kann. An Meetings nehmen die Mitarbeitenden sowohl in Präsenz als auch von zu Hause aus teil. Dafür muss die räumliche Umgebung und die Medientechnik gut zusammenspielen, um eine gleichberechtigte Teilhabe zu gewährleisten.

Zudem werden die Belegschaften immer diverser. Bei uns in München arbeiten beispielsweise Menschen aus fast 30 Nationen. Sie alle habe unterschiedliche Hintergründe, unterschiedliche Bedarfe. Das Büro der Zukunft muss daher inklusiv gedacht werden und unterschiedlichen Bedürfnissen den nötigen Raum geben.